Insgesamt haben sich am Dienstag, den 27. Februar 2018, in der Geschäftsstelle der SPD Aschaffenburg mehr als 20 Genossinnen und Genossen sowie interessierte BürgerInnen versammelt, um über das Thema Rechtspopulismus in und um Aschaffenburg zu diskutieren. Die Veranstaltung gehört zu der Reihe „Politische Impulse“, organisiert vom SPD Stadtverband und den Jusos Aschaffenburg. Als Referenten waren Tanja Wolf (Politikwissenschaftlerin an der Universität Würzburg), Özcan Pancarci (Betriebsratsvorsitzender Linde Material Handling GmbH) und Simon Dümig (Berufsschullehrer in Aschaffenburg) eingeladen. Unser Genosse Erik Leiderer (IG Metall Vorstand) leitete uns gekonnt und äußerst professionell durch den Abend.
Der Juso-Vorsitzende Tobias Wüst eröffnete den Abend mit einer herzlichen Begrüßung und übergab an Erik Leiderer. Dieser betonte, dass das neue Veranstaltungsformat die Partei aufwecken und zukunftsorientiert aufstellen soll. Danach folgte ein kurzer Film der FPÖ aus Österreich. Der Film zeigte, wie wir uns bereits an Rechtspopulismus gewöhnt hätten, so der Kommentar von Tanja Wolf. Auf eine nette Art werden Themen, wie beispielsweise die Europäische Union und die Osterweiterung, populistisch aufbereitet. Die Frage ist aber: ist das schon Rechtspopulismus oder nicht?! Was ist Rechtspopulismus?
Es gibt unterschiedliche Interpretationen des Begriffs. Gerade in der Wissenschaft ist es aber notwendig, ein gemeinsames Verständnis der Begrifflichkeiten zu haben, um auf einer Ebene darüber zu diskutieren. Die Schwammigkeit des Begriffs ist aber auch attraktiv für Rechtspopulisten, da dadurch eine Bandbreite an Meinungen abgedeckt werden kann. Danach stellte Tanja Wolf in Ihrem Vortrag die Frage: wie erkennt man aber jetzt Rechtspopulismus? Einmal an der Sprache, aber auch daran, dass es meistens um Anti-Positionen geht nach dem Motto „egal was ist, ich bin dagegen“. Der Rechtspopulismus bietet keine Alternative, es ist eine einfache Position. Weitere Merkmale sind die programmatische Flexibilität, die auch Widersprüche zulässt. Als letztes Merkmal identifizierte Tanja Wolf die Organisationsform, die immer in Bewegung bleiben muss. Danach zeigte sie uns das erste Programm der AfD und identifizierte ganz klar, dass die Themen Euro und Europäische Union die Kernthemen zu Beginn der Partei waren. Sie suchten einfach einen Sündenbock, andere Themen fehlen schlichtweg. Die Partei entwickelte sich dann weiter von Anti-EU zu Anti-EU und einer Anti-Immigrantenpartei.
Doch wie entsteht Rechtspopulismus? Einmal ist die Welt sehr komplex geworden, Globalisierung und die soziale Differenzierung sind offensichtlich. Zudem befinden wir uns in einer Krise der demokratischen Repräsentation, was zu Protestwahlen führt. Ein anderer Punkt sind die Medien und deren Vermittlungsfunktion und Funktionslogik. Ein Drama verkauft sich nun mal besser als eine langweilige, heile Welt. Auch die Veränderungen im deutschen Parteiensystem tragen dazu bei. Die Annäherung von SPD und CDU zur Mitte, um weitere WählerInnen zu gewinnen führte ganz klar zu einer Verwaschung der Parteiinteressen. Die großen Krisen wie Griechenland, Flüchtlinge, Finanzen etc. sind Symbole dieser Probleme und auch Katalysator, so das Resümee von Tanja Wolf. Als Abschlussworte gibt sie den TeilnehmerInnen auf den Weg selbst nachzudenken und die Quellen immer zu überprüfen, so wie es Kant schon gefordert hatte.
Der Vortrag von Tanja Wolf führte zu einigen Fragen im Publikum, die jetzt in einer Diskussionsrunde aufgegriffen wurden. Darin ging es um die Zusammenarbeit von AfD mit Pegida und dass das Profil dieser Partei klarer wird. Aber auch dass das Profil der SPD wieder klarer werden muss. Bei dieser Debatte muss immer zwischen Bundesebene und lokaler Ebene unterschieden werden, aber auch Betriebe und Schulen müssen in den Fokus gerückt werden. Als eine Idee zur Erneuerung der SPD führte Tanja Wolf auf, dass soziale Themen für alle behandelt werden sollten. Dass die SPD von ihrem Klassensatz wegkommen muss (Elite versus Arbeiter) und Themen wie Pflege, Bildung etc. in den Fokus gerückt werden müssen. In der Diskussionsrunde war man sich einig, dass man auf die Menschen zugehen muss, aber auch an der Umsetzung von Vorschlägen konkret arbeiten sollte. Wir können nicht nur Kümmerer sein, so ein Genosse, wir müssen uns auch auf unsere Ideale zurückbesinnen. Ein Genosse stellte in den Vordergrund, dass wir in Aschaffenburg gut aufgestellt sind. Vor Ort herrscht ein soziales Denken, das auch in der Kommunalpolitik Einfluss findet. Ein weiteres Problemfeld war die Verallgemeinerung von Themen und welche Sprache wir zu Vermittlung anwenden. Eine Forderung war, dass wir vom Predigen zur Kommunikation übergehen sollen.
Nun war es an der Zeit die beiden anderen Gastredner sprechen zu lassen. Davor durften wir uns ein Video der Bürgerinitiative einprozent.de anschauen. Dies sind Listen für die Betriebswahl, die sehr rechtspopulistisch und AfD-nah sind. In der Linde, so Özcan, sieht die Lage noch gut aus. Dennoch sagt auch er, dass die Demokratie wieder wertgeschätzt werden muss, auch auf dem Arbeitsplatz. Es hat sich etwas verändert. Er betont dabei die Digitalisierung, und dass man nicht mehr zusammenkommt. Dadurch ist man anfälliger für Fake-News. Eine Basisarbeit am Arbeitsplatz ist nötig, man muss jeden einzelnen aktivieren und für mehr Solidarität kämpfen. Wir müssen raus und in den Dialog treten.
Auch Simon Dümig beschreibt ein positives Bild von Aschaffenburg. Er hat andere, negative Erfahrungen in ländlichen Gebieten gemacht. Auch das Thema Flüchtlinge ist in der Berufsschule kein negativ beladenes Thema. Die Mitschüler sind eher betroffen, wenn es zum Beispiel zu einer Abschiebung kommt. Auch vom Thema der Bewaffnung von Lehrern will er nichts hören und lieber mit Worten arbeiten. Özcan bestätigt auch für seinen Betrieb eine Willkommenskultur und setzt sich gegen Rassismus ein. Man muss zu diesen Themen Klartext reden, so Özcan. Es geht dabei nicht nur um Rechtspopulismus in Deutschland, sondern man muss ebenfalls den Populismus beispielsweise in der türkischstämmigen Bevölkerung bekämpfen. Es kann nicht sein, dass Politiker wie Cem Özdemir Polizeischutz in Deutschland benötigt. Das kann nicht geduldet werden. Simon Dümig betont zum Abschluss noch einmal den Auftrag von Bildung in Bayern, jedoch merkt auch er an, dass es ebenfalls Populisten im Lehrerzimmer gibt. Die Frage ist, wie können wir die Leute noch erreichen ohne Populismus? Tanja Wolf antwortet darauf, dass etwas schief gelaufen ist in der Vergangenheit. Der Egoismus in unserer Gesellschaft nimmt weiter zu, wir müssen aber wieder zu der Aussage kommen „wir sind ein wir und kein ich“. Dies war eine gute Überleitung zur nächsten Diskussionsrunde. Auch hier betonte noch mal die Genossin Karin Pranghofer (SPD Stadtratsfraktion), dass wir mit der Umsetzung von unseren Forderungen punkten können. Themen wie zum Beispiel die sachgrundlose Befristung müssen vor Ort bearbeitet werden. Zudem kann man sich merken, dass zur Vermittlung eine einfache Sprache über die Wahrheit sinnvoll ist. Simon Dümig betonte dazu noch einmal, dass die Glaubwürdigkeit ein ganz großes Thema ist.
Die Veranstaltung endete mit kurzen Statements der Referenten und einem Ausblick auf die geplante Veranstaltungsserie. Termine in diesem Jahr sind der 2. Mai, der 12. September und der 14. November. Die Themen sind nicht vorgegeben, sondern können gemeinsam beschlossen werden. Ein kurzes Brainstorming ergab ein hohes Interesse an Pflege, Digitalisierung, Fluglärm, und Umweltthemen. Bei Interesse oder weiteren Vorschlägen kann man sich an Manuel Michniok, Tobias Wüst oder Erik Leiderer wenden. Wenn man darüber hinaus weiter an dem Thema Rechtspopulismus in Aschaffenburg arbeiten möchte, kann man dies in der Arbeitsgemeinschaft ‚Rechtspopulismus‘ tun. Dort können Beschlüsse, neue Ideen und Diskussionspunkte gemeinsam erarbeitet werden. Auch hier kann man eine E-Mail an die oben genannten Genossen schicken.
Pressemitteilung von Sophie Peter, 2018-2-28